Interview mit Professor Matthias Busse, Leiter des Fraunhofer IFAM

Ende Februar startete AHEAD, der neue Company Builder der Fraunhofer Gesellschaft. Ausgründungen sind jedoch nicht nur eine Möglichkeit für Wissenschaftler mit Unternehmergeist, sondern können zu einem wichtigen strategischen Baustein des Technologietransfers für die Institute werden. Wir sprachen mit Professor Matthias Busse, Institutsleiter am Fraunhofer IFAM, über die Vorteile von Ausgründungen für Forschungsinstitute.

Prof. Matthias Busse im Gespräch
© Fraunhofer IFAM
Prof. Matthias Busse im Gespräch

Herr Professor Busse, Ihr Institut arbeitet an einer gründungsfreundlichen Institutskultur. Was motiviert Sie, Wissenschaftlern eine Ausgründung zu ermöglichen?  

"Für uns sind Ausgründungen im Rahmen unserer Institutsstrategie wichtige Bausteine mit zwei wesentlichen Mehrwerten: Zum einen haben wir festgestellt, dass uns die Möglichkeit, aus der Wissenschaft heraus zu gründen, erhebliche Vorteile beim Recuiting einer stark umkämpften Zielgruppe verschafft: Jungen, hochtalentierten Experten und Expertinnen mit ausgeprägtem unternehmerischem Denken und agiler, flexibler Arbeitsweise – Persönlichkeiten, die sich aussuchen können, wo und wie sie arbeiten. Wir weisen inzwischen bereits in unseren Erstgesprächen auf die Möglichkeit hin, bei uns eigene Ideen, Technologien und Knowhow weiter zu entwickeln und gegebenenfalls als eigenes Unternehmen auszugründen. Damit verschaffen wir uns als Arbeitgeber Vorteile gegenüber Mitbewerbern aus Industrie und Forschung. Zum Zweiten sehen wir erhebliche Chancen für unseren eigenen Return-on-Invest: Ausgründungen sind schnelle, experimentierfreudige Einheiten, die unsere Technologie monetarisieren können und gleichzeitig kulturell anschlussfähig sind. Man kennt sich, spricht die selbe Sprache und kann sich vertrauen. Das macht Gründer und neu entstandene Hightech-Startups zu prädestinierten Partnern, für die wir als Institut wiederum als bevorzugter F&E-Partner aktiv werden können."

Wie fördert das Fraunhofer IFAM Gründungen am eigenen Institut? 

"Wichtig ist die Wertschätzung, die Mitarbeitern mit Eigeninitiative und neuen Ideen entgegengebracht wird, auch wenn diese auf den ersten Blick nicht immer realistisch scheinen. Unsere Institutskultur soll diesen Initiativgeist auf jeder Ebene fordern und fördern: Meine Tür ist immer offen für Mitarbeiter mit neuen Ansätzen und Ideen und die Führungsebene unseres Instituts ist angehalten, in ihren Bereichen für eine Kultur der Offenheit, Wertschätzung und auch der Fehlertoleranz zu sorgen, die wichtig ist, um neues Denken zu fördern. Nicht jede Idee hält dem Realitätstest stand und nicht jede Technologie kann in ein Geschäftsmodell übertragen werden – aber wenn wir bei der digitalen Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft voran gehen wollen, brauchen wir mehr Entrepreneure in unseren Reihen, sei es als Gründer von Spinoffs oder als „hauseigene Pioniere“ für neue Technologien. Unsere Kultur muss dazu ermutigen, mutig zu sein."

 

Wie entwickelt das IFAM Geschäftsmodelle für Ausgründungen, bei denen Ihr Institut und die Gründer gleichermaßen profitieren?  

"Ich selbst habe vielfältige Erfahrungen in der Industrie sammeln können. Deshalb bin ich einerseits Pragmatiker, andererseits schätze ich die Verbindung von Unternehmergeist mit der Hightech-Expertise von Fraunhofer besonders. Für Ausgründungen gibt es keine allgemein gültige Blaupause. Verschiedene Faktoren müssen gut ineinandergreifen, um eine Idee in eine erfolgreiche Ausgründung zu überführen. Neben der Validierung eines Marktes ist das vor allem der Reifegrad der Technologie, der Bedarf an Kapital und zusätzlichem Knowhow wichtig. Im Einzelfall wird dann entschieden, ob sich aus einer solchen Ausgründung ein Mehrwert für die Strategie unseres Instituts ergibt.

Wir müssen auch abwägen, ob eine Technologie, bzw. der oder die Wissenschaftlerin ihr Potenzial besser in einem Startup, weiterhin in der Forschung oder über Lizenzen und Technologie-Partnerschaften entfalten können. Eigene Ausgründungen sollen uns dabei auch die Möglichkeit geben, weiterhin mit gründenden Spitzenkräften zusammen zu arbeiten und Technologien und deren Verwertung an uns zu binden. Ausgründungen sind ein Gewinn an Knowhow und Möglichkeiten und kein Brain Drain."  

 

Wie kann Sie AHEAD, der neue Company Builder von Fraunhofer Venture, dabei unterstützen?  

"Es ist sicher ein großer Fortschritt, dass die vielfältigen Gründungsinitiativen jetzt unter einem einheitlichen Dach gebündelt worden sind. Das erlaubt professionelle Begleitung von Gründern und Instituten gleichermaßen. Für unsere Institutsstrategie ist der große Mehrwert, dass AHEAD mehr Möglichkeiten bietet, erfahrene externe Gründer und Fraunhofer-Experten und-Expertinnen in gemeinsamen Teams zusammen arbeiten zu lassen. Für den Technologietransfer sind diese übergreifenden Teams essentiell, weil Hightech-Unternehmen vielfältige Expertise verlangen, die nicht mehr von einer Person geleistet oder in geschlossenen Wissenschaftssystemen entwickelt werden kann. AHEAD bildet hier eine Art Schnittstelle für das Hightech-Ökosystem in Deutschland und kann außerdem bei der internationalen Skalierung von neuen Technologien und Geschäftsmodellen unterstützen und beschleunigen. Davon wollen wir mit einer Kombination aus Lizensierungen und Ausgründungen in Zukunft profitieren."

 

Herr Professor Busse, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Mehr Informationen zu AHEAD

Fraunhofer Venture, die Ausgründungsabteilung der Fraunhofer-Gesellschaft, startete im Februar ein neues Programm zur Gründung von Hightech-Start-ups. AHEAD ist ein speziell auf Spitzentechnologie zugeschnittenes Company-Building-Programm für Start-up-Teams mit dem Ziel, auf Basis von Fraunhofer-Technologien neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen. Hier erfahren Sie mehr dazu!