Plädoyer für eine neue Transfer-Kultur in der Forschung

Mit der Ausgründungsabteilung Fraunhofer Venture, dem Transfer-Programm AHEAD und vielen weiteren internen Transfer-Instrumenten sind moderne Strukturen geschaffen worden, die der Spitzentechnologie der Fraunhofer-Institute den Weg in Richtung Markt ebnen können. Aber die Struktur, die diese Instrumente erst wirksam werden lässt, befindet sich noch im Aufbau: Wir brauchen ein Transfer-Mindset in unserem alltäglichen Denken, Forschen und Handeln, eine »Transfer-Kultur«, damit die organisatorischen Strukturen ihre volle Wirksamkeit entfalten können.

© Fraunhofer Venture
Ziel der Promotoren-Community ist es, den Technologietransfer durch unternehmerisches Handeln an den Fraunhofer-Instituten voranzutreiben und dadurch Impact für die gesamte Gesellschaft zu schaffen

Das Silo im Kopf – und seine Auflösung

Das vergangene AHEAD-Bootcamp hat uns nicht nur 38 neue Fraunhofer-Startup- und Lizenzprojekte beschert  – mehr als je zu vor – sondern auch ein Indiz zu einem allmählichen inneren Wandel innerhalb der Fraunhofer-Forschung: Immer mehr Institute entdecken Ausgründungen und Zusammenarbeit mit Startups als einen lukrativen Weg, eigene Technologien schnell auf ihr Marktpotenzial zu testen und auf Basis von Fraunhofer-Technologie Unternehmen auszugründen, die wiederum Lizenznehmer, Partner und agile Innovationslabore für eigene Kompetenzen werden. Die Strukturen sind gesetzt, die Technologie für die Tech-Unternehmen von morgen vorhanden und schon heute nimmt die Fraunhofer-Gesellschaft eine Spitzenposition bei den Ausgründungen aus der Forschung ein. Dennoch müssen noch weitere Hürden überwunden und neue Wege beschritten werden, wenn das tatsächliche Marktpotenzial von Spitzentechnologie und Kompetenz aus dem Hause Fraunhofer entfaltet werden soll, wie das Feedback vieler Promotoren an den Instituten zeigt.

Immer noch sind Ausgründungen häufig die Folge persönlichen Engagements von Wissenschaftlern, Abteilungsleitern und / oder Institutsleitungen. Noch haben nur wenige Institute eine »Ausgründungsroutine« auf strategischer Ebene entwickelt, die den Technologietransfer im Forschungsalltag automatisch mitdenkt und neben den wertvollen Forschungsergebnissen auch die mögliche Wertschöpfung für das Institut jenseits von Fördermitteln und klassischen Lizenzen einbezieht.

Vielen Wissenschaftlern und Abteilungsleitern ist die Kluft zwischen Spitzentechnologie und einer Unternehmensgründung oder Lizenzpartnerschaft gedanklich immer noch zu weit gespannt. Forschung und unmittelbare Verwertung über Ausgründungen scheinen vielen immer noch als zwei verschiedene Welten, deren Verbindung kompliziert und fern der eigenen Forschungsroutine ist. Nicht wenige brillante Ideen und Technologien dürften so den Weg in die sprichwörtliche Schublade finden und nicht in die Kommerzialisierung durch Ausgründungen oder Lizenzprojekte. Dieses »Silo im Kopf« ist vielleicht die größte Herausforderung für die Ausgründungsinitiativen innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft, die vierte Säule neben den Strukturen, Ressourcen und dem herausragenden technologischen Potenzial von Fraunhofer-Forschung.

Das vergangene AHEAD-Bootcamp und die vielen weiteren Ausgründungsaktivitäten von Fraunhofer Venture zeigen uns jedoch immer wieder, dass diese Mentalität und Kultur möglich, einfach und vor allem von immer mehr Forschern und Instituten gewünscht ist – sie muss nur mit den anderen Säulen des Tech-Transfers mitwachsen können.

Promotoren: Empowerment für eine Transfer-Kultur in der Forschung

Die Promotoren-Community von Fraunhofer Venture arbeitet als eine Art Brückenkopf zwischen Forschung und Fraunhofer Venture direkt an den Instituten. Kollegen sind Botschafter, Seismographen und leidenschaftliche Unterstützer von Technologie-Transfer und Ausgründungen für Wissenschaftler und Leitungsebene gleichermaßen. Fraunhofer-Promotoren arbeiten auf mehreren Ebenen für den Technologietransfer innerhalb der Gesellschaft:

  • Sie unterstützen Wissenschaftler und Institute dabei, das Verwertungspotenzial von Technologien und Kompetenzen zu identifizieren.
  • Sie sind eine lebendige Schnittstelle zwischen Instituten, dem Betreuer-Tandem aus Juristen und Investment-Beratern bei Fraunhofer Venture und auch der Fraunhofer-Gesellschaft.
  • Sie leisten die wertvolle Überzeugungsarbeit am »Point of Science« in den Instituten, kennen die Kultur, die Fachkontakte und Ansprechpartner vor Ort.
  • Sie arbeiten täglich und mit großer persönlicher Leidenschaft daran, Forscher- und Unternehmergeist miteinander zu verbinden und das Mindset sowie die Transferkultur wachsen zu lassen.

Der Human Factor von Ausgründungen

Schaut man genauer hin, sind die sprichwörtliche »Unternehmer-DNA« und das »Forscher-Gen« gar nicht so verschieden: man wagt sich als Pionier in unbekannte Bereiche vor, entwickelt Neues (und in beidem häufig auf Basis von Tests, Fehlversuchen und Neuansätzen) und versucht, eine bessere Alternative zu Bestehendem anzubieten, sei es in der Form von besserem Wissen, besseren Technologien, Produkten oder Services. Viel zu selten sehen wir diese Gemeinsamkeiten und viel zu häufig die Unterschiede in der Arbeitskultur, den formellen Prozessen oder Vorgehensweisen. Ein wesentlicher Teil der Arbeit unseres Promotorennetzwerks besteht darin, den Unternehmer im Wissenschaftler zu wecken, die Leidenschaft eines Entrepreneurs, zusätzlich zur Leidenschaft des Forschers. Gerade der Zündfunke für eine Ausgründung lässt sich nicht verordnen, er muss entflammt werden. Das Entrepreneur-Mindset kann nur persönlich entwickelt und auf der menschlichen und fachlichen Ebene gefördert werden. Die Promotoren-Community hat hierfür unterschiedliche innovative Formate entwickelt und lernt und inspiriert sich gegenseitig, um diesen »Tech-transfer im Kopf« an den Instituten voran zu treiben. So stellen beispielsweise Kollegen, die selbst mit Fraunhofer-Technologie ausgegründet haben, ihre Start-ups in unkomplizierten »Brown Bag Sessions« beim Mittagessen vor und stehen als lebendige »Role -Models« Rede und Antwort.

© Fraunhofer Venture
Beim regelmäßigen Treffen der Promotoren-Community werden gemeinsam neue Konzepte erarbeitete oder bereits vorhandene miteinander geteilt und diskutiert

Viele Promotoren haben selbst Gründungserfahrung gesammelt und zahlreiche Ausgründungs- oder Lizenzprojekte begleitet und kennen die Hemmnisse, aber auch die Faszination einer Ausgründung aus eigener Erfahrung. Es ist kein Zufall, dass Promotoren an den Instituten inzwischen mehr als die Hälfte der Bewerbungen für das AHEAD-Programm anwerben, weil sie in vielem selbst das verkörpern, was sich ihre Kollegen aneignen wollen: Die Mentalität des forschenden Entrepreneurs, oder Intrapreneurs, für den die Frage nach dem Potenzial einer Technologie ebenso selbstverständlich ist, wie ihre Entwicklung und Erforschung.

 

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