Jäger der verlorenen Datenschätze

Daten sind der Rohstoff der digitalen Wirtschaft – damit sie ihr volles Potenzial entfalten können, müssen sie gehoben, analysiert und qualifiziert werden. Das Fraunhofer Spin-off Convit macht mit seiner Software und Künstlicher Intelligenz aus den weitverzweigten Datenlabyrinthen großer Unternehmen den Rohstoff der Zukunft: Qualifizierte Daten, die Unternehmen die entscheidenden Vorsprünge im Wettbewerb verschaffen können.

© Convit GmbH
Die Gründer der Convit GmbH: Jochen Schon und Timm Kißels

Die Datenlandschaften großer Organisationen ähneln häufig immer noch einem über die Jahrzehnte gewachsenen Wildwuchs unterschiedlicher Silos, verschiedener Codes und Systeme und kaum mehr zu überblickender Labyrinthe an Berechtigungen und Zugängen. Doch die digitalen Katakomben der Corporate IT werden in Zeiten der allumfassenden Digitalisierung immer mehr zu einer Art Nervensystem des Unternehmens, dessen Qualität auf alle anderen Bereiche ausstahlt – im Guten wie im Schlechten. Viele deutsche Unternehmen sitzen auf einem gewaltigen Schatz roher Daten, den die meisten nicht heben können, weil niemand mehr den Wildwuchs an Speichern und Reservoirs überblicken, geschweige denn strukturieren und managen kann. Dieser digitale Datendschungel ist das Biotop von Convit. Das Fraunhofer Spin-off macht aus dem historisch gewachsenen Datenproblem vieler Unternehmen ein Sprungbrett in die digitale Zukunft.

Virtuelles Kraftwerk für den wichtigsten Rohstoff digitaler Geschäftsmodelle 

Das eigentliche Produkt von Convit ist im Grunde genommen keine Technologie, sondern ein individuelles Zukunftskonzept für den Umgang mit Daten im Unternehmen und damit die Grundlage für eine erfolgreiche digitale Transformation. Convit‘s cloudbasierte Software-Plattform, die KI-Algorithmen zur Datenanalyse und -qualifizierung und die ausgefeilte Strukturierung von Daten und Meta-Daten erlauben es, alle verfügbaren Daten eines Unternehmens in ein einziges System zu integrieren. Daten, die bislang im Labyrinth unterschiedlicher Codes, Systeme, Zugriffe und Speicherorte gefangen waren, werden durch die Cloud-Plattform von Convit für jeden relevanten Workflow oder Prozess im Unternehmen in Echtzeit nutzbar. Der Anspruch: Jeder berechtigte Nutzer soll jeden Datensatz des Unternehmens für seine Aufgaben nutzen können, direkt, sofort und passgenau für seine individuellen Anforderungen.

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Die Cloud-Plattform von Convit sorgt so für erhebliche Effizienzsteigerungen bei bestehenden Prozessen, deutliche Zeitgewinne und deckt vor allem zukünftige Automatisierungs- und Geschäftspotenziale auf, die ohne qualifiziertes Datenmanagement gar nicht möglich wären. Vor allem große, heterogene Organisationen wie die ARD mit ihren föderalen Strukturen oder globale Automobilkonzerne mit weitverzweigten Zuliefernetzwerken nutzen Convit, um aus der Komplexität der eigenen Datenflows ein smartes digitales Anwendungssystem zu machen. Rundfunkanstalten beispielsweise setzen Convit-Systeme für die mediale Produktion, crossmediale Recherche und für die automatisierte Urheberauskunft ein. In der Automobilbranche werden mit Convit-Technologien unternehmerische Strategiefelder (Produktion, Forschung und Entwicklung, Qualitätskontrolle) und Handlungsprozesse durch vernetzte Risiko-, Trend, Forschungs- und Unternehmensdaten unterstützt. Für die Global Player unter den Convit-Kunden bietet die Cloud weitere interessante Anwendungsmöglichkeiten: Die Analytik lässt sich mit wichtigen externen Datenquellen und zusätzlichen KI-Algorithmen anreichern und ermöglicht so beispielsweise gezielte Prognosen zu den strategischen Plänen von Mitbewerbern. Die natürliche und die künstliche Intelligenz von Convit wurde stark durch die Fraunhofer-Forschung geprägt.

Wenn der Markt zur Fraunhofer-Ausgründung drängt

Convit wurde 2015 von Jochen Schon und Timm Kißels gegründet. Die beiden Ingenieure hatten vorher mehrere Jahre am Fraunhofer IAIS gearbeitet und mit ihrem Team die technologischen Grundlagen für die nächste Dimension des cloudbasierten Datenmanagements entwickelt. Die beiden Gründer verfolgten jedoch keinen kühnen Startup-Traum. Ihre Ausgründung erscheint rückwirkend eher als Einsicht in die Notwendigkeit. Bereits während ihrer Forschungstätigkeit zeichnete sich für Schon und Kißels ab, dass Technologien und Know-how für das Datenmanagement der Zukunft ein systemisches Problem für die meisten deutschen Großunternehmen lösen würde, das mit dem wachsenden Digitalisierungsdruck immer drängender wurde. In intensiven Gesprächen mit Partnern auf der Unternehmensseite und Experten aus dem Fraunhofer-Kosmos wurde aus der Idee ein stichhaltiges Geschäftskonzept, mit dem Fraunhofer-Technologie erfolgreich im Markt platziert werden sollte. Auch die Institutsleitung konnte schnell von der Notwendigkeit einer Ausgründung überzeugt werden – nicht zuletzt, weil die wachsenden Einnahmen durch Technologie-Lizensierungen und Beratung nach einer anderen Organisationsform verlangten – einem Startup, das nah am Kunden lernt und direkt am Markt Durchschlagskraft entwickelt.

Wissen ist Wachstum: Eine Ausgründungs-Erfolgsgeschichte

Convit gelang, was sich viele Gründer nur wünschen können: Das junge Unternehmen startete die Geschäftstätigkeit bereits mit unterschriebenen Aufträgen und machte schon am ersten Tag der Eigenständigkeit eigenen Umsatz. In der frühen Gründungsphase wurde das junge Team wurde von Experten von Fraunhofer-Venture gecoacht und fachlich beraten. Auch in den komplexen Diskussionen um Rechtsformen, Lizenzbestimmungen und Anteile arbeiten die Juristen und Investment Manager eng mit dem Gründerteam und der Institutsleitung zusammen, um ein Optimum für alle Beteiligten zu entwickeln. Die Ausgründung zahlt sich heute für die Gründer genauso aus, wie für das Institut:

Convit sorgte bereits mit der Gründung für Rückflüsse in die Fraunhofer-Gesellschaft über Lizensierungen und Beteiligungen und wächst seit den rund fünf Jahren der eigenen Geschäftstätigkeit stark. Vermutlich säßen heute weit mehr als die aktuell 12 festangestellten Mitarbeiter am Firmensitz im lichten Kölner Loft, wenn es gelänge, so viel qualifiziertes Personal zu finden, wie die Nachfrage nach dem Datenmanagement der nächsten Generation verlangt. Der Mangel an KI- und Big-Data-Experten, an Analytikern und anderen Spezialisten des digitalen Zeitalters scheint im Moment das einzige zu sein, was das Fraunhofer Spin-off Convit ein wenig bremsen könnte.