„Das SAP der dezentralen Energieversorgung“: Wie das Start-up AMPEERS ENERGY dezentrale Energiemärkte neu strukturiert

Jedes erfolgreiche Start-up schreibt seine eigene Geschichte und findet einen eigenen Weg von der Idee bis zur Marktreife. Doch selbst unter den vielen verschiedenen Wegen zum Erfolg sticht das Fraunhofer Spin-off AMPEERS ENERGY GmbH heraus. Wir sprachen mit Dr. Karsten Schmidt, Mit-Gründer und Geschäftsführer des jungen Unternehmens, das die dezentrale Energieversorgung neu definieren möchte.

© AMPEERS ENERGY GmbH
Dr. Karsten Schmidt, Managing Director, CEO & Founder AMPEERS ENERGY GmbH

Herr Schmidt, Ihr Startup AMPEERS ENERGY ist frisch gebackener Fraunhofer-Gründerpreisträger. Mit welcher Geschäftsidee haben Sie überzeugen können?

AMPEERS ENERGY will ein entscheidendes Nadelöhr der Energiewende beseitigen. Bislang arbeiten viele dezentrale Energieerzeuger und technische Komponenten relativ wenig aufeinander abgestimmt. Die Folge ist, dass Energie weder optimal erzeugt, noch verbreitet noch zum bestmöglichen Preis verkauft werden kann. Es entstehen viele Redundanzen, Blockaden und unnötige Parallelprozesse. Der Energiemarkt von heute ist nicht besonders effizient. Hier setzt unsere intelligente Cloud-Computing-Plattform an: wir vernetzen alle dezentralen Akteure und technischen Komponenten in einem einzigen System und ermöglichen so Erzeugern wie Verbrauchern eine möglichst perfekte Abstimmung aufeinander. Energieüberhänge werden reduziert, steigender Bedarf kann antizipiert und abgefedert werden und jede Komponente arbeitet optimal im Rahmen eines übergreifenden Gesamtsystems. So können zum Beispiel Stadtquartiere ihre dezentrale Energie so einfach und effizient managen, wie ein einzelnes Kraftwerk. Mit Künstlicher Intelligenz und Datenanalyse können wir unseren Kunden auch genaue Prognosen über zukünftige Entwicklungen bereitstellen und ihnen so eine perfekte Aussteuerung ihres eigenen Geschäfts ermöglichen.

Welchen Mehrwert haben Ihre Kunden davon?

AMPEERS ENERGY sorgt dafür, dass Energieerzeugung, -transport, -verbrauch und -abrechnung ähnlich einfach funktionieren wie beispielsweise der Online-Handel heute. Wir ermöglichen damit unseren Kunden den Eintritt in das Energiemanagement 4.0, in dem alle Akteure und technischen Komponenten nahtlos und abgestimmt miteinander arbeiten können. Jeder einzelne Marktteilnehmer kann dadurch beträchtliche Einsparpotenziale realisieren, teilweise bis zu 40 Prozent. E-Fahrzeugflotten können durch unsere SaaS-Lösung zu einer echten Alternative zu bestehenden Fahrzeugen werden und vieles mehr. So können neuartige Geschäftsmodelle für unsere auf Basis intelligenter Energie entstehen.

Was war die größte Herausforderung dabei für das Team von AMPEERS ENERGY?

Viele klassische Herausforderungen von Start-ups aus der Forschung haben wir relativ schnell meistern können, weil wir von Anfang an viele verschiedene Expertisen im Team hatten. Die Plattformtechnologie des Fraunhofer IOSB-AST war bereits vor unserer Gründung sehr markt- und anwendungsnah entwickelt worden. Ich selbst komme aus dem Business Development der Fraunhofer-Gesellschaft und betrachte Technologien fast selbstverständlich im Hinblick auf ihre Verwertbarkeit am Markt. Wir waren also technologisch und verwertungstechnisch gut aufgestellt und uns war sehr schnell klar, dass unsere Idee gleich mehrere Probleme für unsere Kunden lösen und beträchtliche Kostenvorteile schaffen würde. Dafür stellte sich uns eine andere große Herausforderung: eine systemische Innovation, wie das Konzept von AMPEERS ENERGY benötigt bereits in der Startphase sehr viel Kapital für die Implementierung, aber die vorsichtige Mentalität der meisten Investoren hierzulande verlangt einen Proof-of-Concept, einen Beweis der Markttauglichkeit, bevor investiert wird – ein klassisches Dilemma.

Hier hat uns der große Name »Fraunhofer« sehr geholfen, weil er für uns wie ein Vorschuss in der Währung der Investoren war: Vertrauen und Berechenbarkeit. Man traute uns und Fraunhofer zu, unsere Vision auch auf die Straße zu bringen und wir konnten so von mehreren Investoren Seed-Kapital im einstelligen Millionenbereich einwerben.

Eine weitere Herausforderung wurde uns zumindest teilweise von den Experten von Fraunhofer Venture abgenommen. Eine Lizenzvereinbarung, die für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation darstellt, ist eine anspruchsvolle Aufgabe und wir sind sehr dankbar für die Unterstützung durch die erfahrenen Profis von Fraunhofer Venture, die uns durch diesen Prozess navigiert haben.

Wie ist die Idee zu AMPEERS ENERGY entstanden und wann wussten Sie, dass diese Idee am besten in einem Unternehmen verwirklicht werden kann?

Auch hier sind wir nicht den klassischen Weg einer Fraunhofer-Ausgründung gegangen. Ich habe mich schon sehr lange mit der Idee eines “intelligenten Upgrades“ unserer Energieversorgung beschäftigt und hatte viele Ideen dazu. Der Zündfunke für AMPEERS ENERGY war aber die Begegnung mit Professor Peter Bretschneider und seinem Team vom Fraunhofer IOSB-AST, die umgekehrt bereits eine sehr reife Plattformtechnologie entwickelt hatten und überlegten, wie sie diese Technologie am besten auf dem Markt bringen sollten. Für mich hatten die Wissenschaftler die Antworten auf die technischen Fragen, die ich selbst nicht lösen konnte – und umgekehrt. Rückwirkend betrachtet kommt es mir fast so vor, als war unser Gründungsweg vorgezeichnet, nachdem wir uns kennen gelernt hatten. Zusammen mit unseren weiteren Kollegen bringen wir ein komplettes Portfolio an notwendigem Fachwissen mit, wir haben dieselbe technologische Vision und wir sind leidenschaftliche Verfechter einer vernünftigen regenerativen Energiewende. Wenn man die Strukturen einer Branche nachhaltig verändern will, muss man auch Überzeugungstäter sein.

Wo möchte AMPEERS ENERGY in einigen Jahren stehen?  

Wir sind ehrgeizig und unser bisheriger Erfolg und auch der Fraunhofer-Gründerpreis bestärken uns darin. Wir wollen mittelfristig zu einer Art SAP der dezentralen Energiewirtschaft werden. Mit unserer Technologie soll es jedem Marktteilnehmer möglich werden, nicht nur Energieerzeuger oder Flottenbetreiber zu sein, sondern auch Energiemanager. Unser Ziel ist es, eine neue, intelligente Struktur für den dezentralen Energiemarkt bereit zu stellen, die nicht nur neue wirtschaftliche Potenziale erschließt, sondern auch den regenerativen Energien neuen Schub verleiht.

Natürlich werden wir mit dem Fraunhofer IOSB-AST weiter bei neuen Entwicklungen intensiv zusammenarbeiten – auch wenn wir jetzt zahlender Kunde und Lizenznehmer für das Institut sind.

 

Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. Schmidt.