Gründer-Gen in der Spitzenforschung: Das Fraunhofer Spin-off Vibrosonic entwickelt die weltweit erste Hörkontaktlinse® mittels Mikrosystemtechnik

Das Start-up Vibrosonic will Mitte dieses Jahres die erste „Hörkontaktlinse®“ der Welt, die nach den neuesten Methoden der Mikrosystemtechnik hergestellt wird, als Medizinprodukt zulassen. Die Idee für eine Technologie, die klassische Hörgeräte oder Implantate überflüssig machen könnte, entstand im Rahmen einer Fraunhofer-Forschungskooperation – aus Spitzentechnologie, Unterstützung durch viele Partner und dem richtigen Instinkt des Gründerteams.

© Vibrosonic GmbH
Das Gründerteam der Vibrosonic GmbH (v. l.: Dr. Jonathan Schächtele, Dr. Ing. Ernst Dalhoff und Dr. Dominik Kaltenbacher)

Wirkliche Innovationen entstehen nicht in der Komfort-Zone des wissenschaftlichen Alltags, sondern beim Blick über den Tellerrand des Erwartbaren, wie die Gründungsgeschichte des Fraunhofer-Spin-off Vibrosonic zeigt. Das Team um Dominik Kaltenbacher, Jonathan Schächtele und Ernst Dahlhoff erforschte in Stuttgart und Tübingen neue Möglichkeiten für implantierbare Hörgeräte. Der Initiator des Projekts Professor Zenner, ehemaliger Direktor der Universitäts-HNO-Klinik Tübingen, hatte selbst bereits erfolgreiche Start-ups gegründet und suchte nach neuen technischen Möglichkeiten, den operativen Eingriff beim Einsetzen des Implantats zu reduzieren. Im Rahmen des Projekts experimentierten die Wissenschaftler auch mit einer Lautsprechertechnologie, die eine schwingende Membran ähnlich dem natürlichen Trommelfell nutzte –es sollte sich zeigen, dass diese Technologie mehr Potenzial barg als „nur“ eine Fortentwicklung des Bestehenden.

Eher zufällig fiel den Forschenden bei einem Routine-Meeting mit Professor Zenner die Ähnlichkeit der Membran-Technologie mit dem menschlichen Trommelfell auf. Das Team begann in der Diskussion Ideen zu entwickeln, wie diese Ähnlichkeit genutzt werden könnte – am Ende des kreativen Diskurses war die Idee zur Hörkontaktlinse® geboren.

 

Bionik fürs Ohr: Die nächste Generation der Hörgerätetechnik

Die Hörkontaktlinse® von Vibrosonic wird nicht, wie ein Hörgerät, als Verstärker in der Ohrmuschel oder im Gehörgang getragen. Ähnlich einer Kontaktlinse fürs Auge nutzt sie das feuchte Milieu und die Oberflächenspannung im Gehörgang und haftet ohne weitere Fixierung auf dem Trommelfell.

Für dieses Prinzip lieferte die Natur selbst das Vorbild: Über Schwingungen erzeugt eine künstliche Membran wie ein zweites Trommelfell den Schall direkt auf dem natürlichen Trommelfell und sorgt so für ein breiteres Klangspektrum, Voraussetzung für hochklassigen Musikgenuss und verbessertes Sprachverständnis. Aufgrund des Funktionsprinzips der Hörkontaktlinse® konnte auch der Energieverbrauch des Systems deutlich reduziert werden. Die Hörkontaktlinse® von Vibrosonic muss darüber hinaus nicht operativ implantiert werden, sondern wird von einem HNO-Arzt von außen auf dem Trommelfell positioniert. Co-Gründer Dominik Kaltenbacher formuliert den ehrgeizigen Anspruch des Teams: „Wir wollen Klangqualität mit Unsichtbarkeit verbinden – etwas das es so heute noch gar nicht gibt“.

Das erste Hörsystem, das im Laufe des Jahres zugelassen und auf dem Markt verfügbar sein wird, ist zunächst die Hörkontaktlinse® in Verbindung mit einem hinter-dem-Ohr Modul. Erklärtes Ziel ist es, künftig alle Komponenten tief im Gehörgang unterzubringen und eine unsichtbare Hörlösung zu schaffen.

 

Der Weg zur Gründung: Forscher als Unternehmer – und umgekehrt

Das Team um Dominik Kaltenbacher und Jonathan Schächtele arbeitete vor der Gründung von Vibrosonic mehrere Jahre am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), einem Pionier-Institut für professionellen Technologietransfer und erfolgreiche Ausgründungen innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft. Rückblickend schien der Weg in die Ausgründung bereits vorgezeichnet. Kaltenbacher und Schächtele dachten auch als Forscher unternehmerisch, identifizierten mögliche Anwendungsszenarien und Verwertungspfade bei ihren wissenschaftlichen Projekten. Die Gründung eines eigenen Unternehmens auf Basis ihrer Forschung bedeutete für sie keinen radikalen Neuanfang, sondern die logische Fortsetzung ihrer Tätigkeit auf der unternehmerischen Seite des Transferpfades. Für Dominik Kaltenbacher, heute CEO von Vibrosonic, war die Möglichkeit einer Ausgründung sogar ein wesentliches Motiv für sein berufliches Engagement bei Fraunhofer.

Ab 2016, dem Gründungsjahr von Vibrosonic, begleitete Fraunhofer Venture das Team während des komplexen und langwierigen Prozesses der Vorbereitung des Markteintritts im Anschluss an die klinischen Tests. Ein Berater-Tandem aus Juristen und Betriebswirten klärte die juristischen Fragen rund um die Ausgründung. Fraunhofer Venture sorgte insbesondere für die richtigen Finanzierungspartner durch Förderprogramme und Kontakte zu Investoren während der Jahre der klinischen Erprobung und beteiligte sich an mehreren Finanzierungsrunden. In gemeinsamen Coachings und Workshops mit ihren Beratern professionalisierten die erfolgreichen Forscher ihre unternehmerischen Kompetenzen. Auch das Geschäftskonzept von Vibrosonic entstand im Dialog mit Fraunhofer Venture und weiteren Partnern aus Industrie und Medizin.

 

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