Vom Start-up zum Scale-up: Wie das Fraunhofer Spin-off Threedy zu einem der spannendsten europäischen Tech-Start-ups wurde

Das Fraunhofer-Spin-off Threedy GmbH wurde im Rahmen der EIT Digital Challenge 2023 als eines der zehn spannendsten europäischen Deep-Tech Scale-ups ausgezeichnet. Fachleute trauen der Ausgründung des Fraunhofer Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD beträchtliches Wachstum zu. Ein Grund dafür könnte in der ungewöhnlichen Gründungsgeschichte von Threedy liegen. Wir sprachen dazu mit Christian Stein, CEO der Threedy GmbH.

© Threedy GmbH
Christian Stein, CEO und Gründer der Threedy GmbH

Threedy zählt kurz nach der Ausgründung zahlreiche global Player zu seinen Kunden. Welches Problem löst ihr für sie und wie kommt dabei Fraunhofer-Technologie zum Einsatz?

Unsere Technologie ermöglicht es, 3D-Daten beliebigen Volumens oder Formats geräteübergreifend für eine Vielzahl von Anwendungen nutzbar zu machen – ohne Vorbereitung oder Konvertierung der Daten. Unsere Kunden sind in der Regel Industrieunternehmen, beispielsweise aus der Automobilindustrie oder dem Maschinenbau. Wir sorgen dafür, dass 3D-Daten an jedem Prozessschritt unkompliziert und in Echtzeit allen beteiligten Bereichen zur Verfügung gestellt werden, von F&E über die automatisierte Herstellung bis hin zu After Sales & Service. 

Unsere Kunden können damit ihre Prozesse erheblich vereinfachen, signifikant Zeit sparen und ihr Qualitäts- und Fehlermanagement auf ein neues Level heben. Unsere Technologie setzt die umfangreichen Forschungsarbeiten am Fraunhofer IGD in die unternehmerische Praxis um und lässt sich auf eine Vielzahl von Anwendungsszenarien übertragen. 

Ihr habt nicht wie üblich als einzelne Wissenschaftler ausgegründet, sondern in Team-Stärke. Wie kam es dazu?

Der initiale Funke war sicher, dass wir mit der Grundidee, die später zum Geschäftsmodell von Threedy werden sollte, bereits am Fraunhofer IGD sehr erfolgreich waren. Somit konnten wir das Marktpotenzial unserer Technologie bereits vor der Ausgründung beweisen. Es wurde schnell klar, dass eine erfolgreiche Verwertung und Skalierung einen anderen organisatorischen Rahmen, andere Prozesse und vor allem ein weit größeres Team mit Kompetenzen außerhalb der Wissenschaft benötigen würde. Der Gedanke, unsere Technologie selbst auszugründen und langfristig davon zu profitieren, wurde uns vom Markt und der großen Nachfrage gewissermaßen aufgedrängt. Die spannende wirtschaftliche Perspektive wurde auch von unserer Institutsleitung erkannt und unterstützt. Die Institutsstrategie sah die Verwertung der Kompetenzen im Bereich Visualisierung explizit vor. Eine ausgegründete Technologie bot dafür die besten Voraussetzungen.

Wir in der Abteilung mussten uns irgendwann die Frage stellen, wo wir unsere berufliche Zukunft sehen: Im eigenen Unternehmen mit der Technologie, die wir als Wissenschaftler entwickelt hatten oder an unserem Heimatinstitut in der Forschung und der eher klassischen Wissenschaftskarriere. Wir haben dann unmittelbar nach Gründung insgesamt mehr als 15 Kollegen in die Threedy GmbH »mitgenommen« und die weitere Kommerzialisierung von instant3Dhub in Zusammenarbeit mit der bestehenden Kundenbasis weitergeführt.  

Habt ihr diesen Schritt jemals bereut?

Definitiv nicht – und ich glaube, ich kann da für alle Mitarbeiter sprechen. Wir haben bereits in der Forschung sehr agil und verwertungsbezogen mit einer gewissen »Start-up Mentalität« am Institut gearbeitet. Am Fraunhofer IGD existiert ein Ökosystem mehrerer Start-ups und wir arbeiten weiterhin eng mit den ehemaligen Kollegen und Kolleginnen zusammen. Der Schritt war also gar nicht so groß und es gibt auch in Zukunft viele spannende Möglichkeiten der Kooperation – eine Perspektive, die natürlich auch für Forschungsinstitute wirtschaftlich interessant sein kann.

Ihr wart also bereits am Institut eine Art »internes Start-up«. Wie sah der Ausgründungsprozess konkret aus?

Am Institut wurden bereits verschiedene 3D Visualisierungstechnologien über die letzten 25 Jahre entwickelt und die Erkenntnisse der Vorgänger flossen direkt in unser Produkt instant3Dhub mit ein, somit profitieren wir von dem Wissen mehrerer Software-Generationen. Ich bin persönlich 2012 dazugestoßen. In den Folgejahren wurden vorhandene Technologien aus den Bereichen Datenoptimierung, -streaming und Visualisierung in einer Software gebündelt. Entstanden ist eine automatisierte Visualisierungsplattform, mit der Kunden sehr einfach beispielsweise web-basierte Anwendungen nutzen oder auch entwickeln können. Ob für Reviews im Konstruktionsprozess, Kollaboration auf echten CAD-Daten, bis zu Mixed-Reality Anwendungen ist somit alles mit nur einer einzigen Technologiebasis möglich.

2015 haben wir als Forschungsgruppe mit diesem unkomplizierten, web-basierten System eine Ausschreibung eines deutschen Automobilkonzerns gewinnen können. Innerhalb der nächsten zwei Jahre wuchs unsere Abteilung dann rasant, ebenso unser Kundenstamm. Parallel dazu haben wir ab 2016 unterstützt durch Fraunhofer Venture unternehmerische Expertise aufgebaut und eine Reihe von Förderprogramme absolviert. Innerhalb des Forschungsinstituts stießen wir aufgrund des großen Interesses potenzieller Kunden auch strukturell an Wachstumsgrenzen.

Die Ausgründung von Threedy 2020 war da ein logischer Schritt, da Technologie und Team die nötige Reife und den wirtschaftlichen Proof-of-Concept bereits erlangt hatten. Auch die weiteren Verzögerungen durch den Einbruch der Pandemie konnten wir mit der Unterstützung der Kollegen von Fraunhofer Venture bewältigen – dafür noch mal ein großes Dankeschön!

Der Vorteil dieser umfassend vorbereiteten Ausgründung war, dass wir bereits mit zahlenden Kunden starten konnten und vom ersten Tag an Umsatz generiert haben.

Ihr habt den Fraunhofer Gründerpreis gewonnen und wurdet von der Europäischen Tech-Innovations-Initiative EIT Digital zu einem der 10 spannendsten Tech-Start-ups Europas gewählt. Wie wird man vom Start-up zum Scale-up?

Wir können einen außergewöhnlichen Product-Market-Fit bieten: Wir haben eine standardisierbare Anwendung, die innerhalb unserer Nische für den Markteintritt auf sehr viele Anwendungsszenarien übertragbar ist. Allein der industrielle Sektor in Deutschland ist ein potenzieller Multimilliarden-Markt. Zudem können wir unsere Lösung mit relativ geringem Aufwand auf weitere Marktnischen und Sektoren zuschneiden. Das sind für uns spannende Skalierungshebel für die Zukunft.

Außerdem können wir bereits heute, nur zwei Jahre nach Gründung, neben dieser Perspektive auch ein signifikantes Umsatzwachstum vorweisen. Der Fraunhofer-Gründerpreis ist für uns, genauso wie für potenzielle Partner und Investoren, ein Gütesiegel für Technologie und Unternehmensgründung was einen zusätzlichen Schub, beispielsweise für die Investorenakquise bedeutet.

 

Vielen Dank Christian, für die spannenden Einblicke. Wir freuen uns, auch in Zukunft über euren weiteren Wachstumskurs zu berichten.

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