Tandem-Interview Friederike Krämer-Plath und Markus Weitzel

We are Family: Warum Venture Management mehr mit Familie zu tun hat als man denkt

Fraunhofer Venture hat trotz einer sehr jungen Mitarbeiterschaft vergleichsweise viele Väter und Mütter. Und bei genauerer Betrachtung offenbaren sich erstaunliche Parallelen zwischen Familie und Beruf. Wir sprachen mit Friederike Krämer-Plath und Markus Weitzel, beide Mutter bzw. Vater, die als Berater-Tandem Fraunhofer-Ausgründungsteams begleiten.

Das Betreuer-Tandem Markus Weitzel (Investment Manager) und Friederike Krämer-Plath (Juristin)
© Fraunhofer Venture
Das Betreuer-Tandem Markus Weitzel (Investment Manager) und Friederike Krämer-Plath (Juristin)

Markus und Friederike, Gründer und Gründerinnen sprechen bei ihren Start-ups gerne von »meinem Baby«. Muss man als Gründer eine emotionale Bindung oder Beziehung zum eigenen Projekt haben? Wie ist das mit euch als Betreuer-Tandem?

Markus: Definitiv ja. Ich war ja selbst Gründer eines Tech-Start-ups und kann deshalb aus eigener Erfahrung sagen: Gründen ist eine Mission. Man identifiziert sich mit seinem Start-up, steckt viel Energie, Zeit und Herzblut hinein, erlebt alle Höhen und Tiefen intensiv mit. Man ist nie in Teilzeit oder mit halber Kraft unterwegs, aber es gibt ja auch keine Teilzeitschwangerschaft oder Teilzeiteltern. So baut man ganz natürlich eine sehr enge Bindung zu »seinem Baby« und seinem Team auf. Eine Trennung, selbst bei einem erfolgreichen Exit, ist dann oft auch ein persönlicher Einschnitt, der nicht leicht fällt.

Friederike: Ein motiviertes, energetisches Gründerteam steckt an. Gerade in der Vorgründungsphase, wenn wir beim Aufbau von Strukturen und der generellen Ausrichtung begleiten, sind wir eher Teil des Teams, arbeiten intensiv zusammen, argumentieren eine Idee Fraunhofer-intern durch und »ringen« um ihre Finanzierung. Je reifer jedoch das Projekt oder die Ausgründung wird, desto stärker kommt oft ein Ablösungsprozess in Gang. Als Vater oder Mutter muss ich aber auch loslassen, damit meine Kinder eigene Erfahrungen sammeln und Selbstbewusstsein aufbauen können – als Berater-Tandem müssen wir das bei vielen Themen bereits kurz nach der Gründung. Wenn wir uns als Gesellschafter beteiligen, können wir unseren »Babys« noch etwas länger zur Seite stehen.

Gute Erziehung balanciert verschiedene Prinzipien aus, beispielsweise »Grenzen setzen« und »freie Entfaltung«. Wie sieht das bei Fraunhofer Start-ups aus? Wo steuert ihr, wo lasst ihr los?

Friederike: Als Berater-Tandem haben wir einen klaren Fokus: Gründer und Gründerinnen sollen sich unternehmerisch frei entfalten und ihr Unternehmen voranbringen. Wir engagieren uns für sie, weil wir von ihnen und ihrer Idee überzeugt sind. Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist es, ihnen Freiräume zu verschaffen, damit sie sich auf ihr Unternehmen und dessen Entwicklung konzentrieren können, indem wir beispielsweise rechtliche Aspekte klären, bei Verhandlungen beraten, Netzwerke und Kontakte einbringen. Wir wollen befähigen und unterstützen, nicht Grenzen vorgeben. »Hilf mir, es selbst zu tun.« heißt es in der Pädagogik von Maria Montessori. Das trifft auch für unsere Tätigkeit als Venture Manager zu. Wir haben an den Fraunhofer Instituten viele hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler; wir freuen uns, wenn wir sie enablen können, auch am Markt erfolgreiche Gründer zu werden.

Markus: Fraunhofer-Ausgründungen sind selbstständig agierende Unternehmen, und das ist auch gut so. Die wichtigste Steuerung erfahren unsere Teams durch den Markt und ihre Kunden, nicht durch uns oder andere Gesellschafter. Gründer müssen und wollen Verantwortung übernehmen. Wir verstehen uns bei erfahrenen Teams eher als Sparring-Partner, der Erfahrung und die richtigen Kontakte aus sehr vielen verschiedenen Gründungsprojekten mit einbringt. Das ist vielleicht vergleichbar mit dem Umgang mit erwachsenen Kindern, denen man mit Rat und Tat zur Seite steht. Wichtig erscheint uns deshalb eine gute, offene und auch kritische Diskussionskultur mit unseren Gründerteams. Gerade bei kontroversen Aspekten sind das Einbeziehen und Abwägen kritischer Perspektiven wichtig – und zwar für alle Beteiligten, auch uns. Der Umgang mit Kontroversen ist für Familien und für Gründerteams gleichermaßen essenziell. Offenheit, Feedback und gegenseitiges Lernen schaffen stabile gemeinsame Grundlagen und verhindern, dass kritische Aspekte unter den Tisch fallen.

Stichwort Loslassen und Selbständigkeit: Wann ist ein Gründerteam so weit, dass es völlig selbstständig arbeiten kann?

Markus: Um im Kinder- und Familienbild zu bleiben: Ein Spin-off ist für uns »erwachsen«, und eigenverantwortlich, wenn es gegründet ist. Wirklich »selbständig« ist es vielleicht aber erst später, wenn es nicht mehr auf Unterstützung angewiesen ist, sich am Markt bewährt hat, sich selbst finanzieren kann und durch Erfahrung eine gewisse Krisenresistenz aufgebaut hat. Wirklich betreuungsintensiv sind Spin-offs für uns vor allem in der Phase vor der eigentlichen Gründung, wenn Strukturen aufgebaut, unterschiedliche Interessenslagen zusammengeführt und der organisatorische und rechtliche Rahmen abgesteckt werden müssen. Das ist gewissermaßen die sehr kurze Kindheit, in der noch viele Abhängigkeiten bestehen, die wir gemeinsam Stück für Stück auflösen. Mit unseren Portfoliounternehmen bleiben wir natürlich auch nach der Gründung eng verbunden.

Friederike: In der Familie hat jedes Kind andere Bedürfnisse, Stärken und Schwächen und seinen eigenen Weg. Wenn wir es als Eltern fördern wollen, erziehen wir nicht nach Schema F, sondern finden die Erziehungsmethoden, die am besten zu ihm passen. Das ist tatsächlich gut vergleichbar mit unserer Herangehensweise bei Fraunhofer Venture. Wir haben bewährte Methoden und einen Standard-Rahmen, aber jedes Team und Spin-off ist anders. Einige bringen Start-up-Erfahrung mit, andere suchen aktiv Rat, wieder andere binden uns nur ein, wenn Expertise zu besonderen Themen gefragt ist, beispielsweise Investorensuche, Verhandlungen oder rechtliche Fragen rund um die Gründung. Wir passen uns und unsere Unterstützung daran an – und wenn nötig, entwickeln wir etwas Neues, wenn es die Gründung erfordert.

Markus und Friederike, vielen Dank für dieses Gespräch und die persönlichen An- und Einsichten.

 

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