Faktencheck: Die großen Mythen über Fraunhofer-Ausgründungen und Beteiligungen
Deutschland verfügt über exzellente Forschung, doch ohne konsequenten Technologietransfer bleiben potenzielle Innovationen häufig ungenutzt. Fraunhofer Venture setzt sich seit über 20 Jahren mit großer Leidenschaft dafür ein, dass High-Tech-Erfindungen ihren Weg von der Idee in die Anwendung finden. Dennoch halten sich zahlreiche Mythen über Ausgründungen und Beteiligungen im Ökosystem. Unsere Investment Managerin Alina Stahl macht den Faktencheck und erläutert, wie Technologietransfer bei Fraunhofer Venture tatsächlich funktioniert und welche Hintergründe es zu verstehen gilt.
⚖️ Mythos 1: »Fraunhofer versucht, mit Ausgründungen Intellectual Property (IP) zu vergolden und maximalen Profit zu erzielen.«
💡Fakt: Nein. Es ist bei dem Thema aus meiner Sicht wichtig, zu verstehen, wie Fraunhofer funktioniert. Die Fraunhofer-Gesellschaft ist als gemeinnütziger Verein eine Forschungseinrichtung, mit dem Ziel der Förderung angewandter Forschung im öffentlichen Interesse. Außerdem ist Fraunhofer, anders als viele Universitäten, lediglich zu 30% staatlich grundfinanziert, die anderen 70% werden auf dem freien Markt erwirtschaftet oder eingeworben. Daran lässt sich erkennen, dass IP bei uns kein Selbstzweck ist, sondern essenziell, um den Fortbestand der angewandten Forschung sicherzustellen.
Aber: Das Kerninteresse von Fraunhofer liegt im Technologietransfer von der Forschung in den Markt, wobei wir marktübliche Lösungen anstreben, keine Erlösmaximierung. Wir setzen dabei auf start-up-freundliche Lizenzierungen, die insbesondere durch liquiditätsschonende Vertragsmodalitäten, den Verzicht auf Upfront Payments und die Gewährung von (Teil-)Exklusivität gekennzeichnet sind. Die Übertragung von IP kommt fallweise in Betracht, wenn es sinnvoll und machbar ist.
⚖️ Mythos 2: »Kein Spin-off ohne Beteiligung – Fraunhofer ist automatisch an jedem Spin-off beteiligt.«
💡 Fakt: Nein. Im Gegenteil: Die Mehrheit der Fraunhofer-Spin-offs wird ohne eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung ausgegründet, basiert auf lizenzierten Forschungsergebnissen und erhält umfangreiche Beratung und Unterstützung durch unsere Expertinnen und Experten. Beteiligungen erfolgen selektiv und ausschließlich, wenn es für alle Seiten – für das Start-up, das Institut und die Fraunhofer-Gesellschaft – unternehmerisch und strategisch sinnvoll ist.
⚖️ Mythos 3: »Fraunhofer steigt mit 25 % und mehr Anteilen ein und blockiert damit Folgefinanzierungen für die Start-ups.«
💡 Fakt: Das stimmt nicht. Fraunhofer darf sogar laut Satzung und Regularien nur in absoluten Ausnahmefällen über 25 % gehen. Tatsächlich liegen wir im Durchschnitt unter 20 %, die Treiber nach oben sind dabei vor allem Joint Ventures. In VC-Cases befinden wir uns deutlich darunter, um Gründungen investierbar und skalierbar zu halten. Uns ist von vornherein daran gelegen die Cap Tables der Spin-offs für Folgefinanzierungsrunden attraktiv zu halten und bestenfalls auch selbst erneut mitzufinanzieren.
⚖️ Mythos 4: »Fraunhofer ist kein echter Investor, sondern will sich nur Mitspracherechte sichern.«
💡 Fakt: Falsch. Wir benötigen fast keine besonderen Zustimmungsvorbehalte, die sich von denen anderer Investoren unterscheiden. Die Ausnahme ist lediglich eine Klausel, durch die wir sicherstellen könnten, dass wir nicht über 25% der Anteile kommen. Diese kam faktisch meines Wissens noch nicht zum Tragen.
Fraunhofer Venture ist aktiver (Co-)Investor und Unterstützer, das bedeutet: Bis zu 2,5 Millionen Euro pro Spin-off kann die Fraunhofer-Gesellschaft investieren, überwiegend aus Mitteln des jeweiligen Instituts. Außerdem bringen wir unsere Erfahrung, unser Netzwerk ins Deeptech-Ökosystem und zu vielen wichtigen Tech-Investoren sowie Partnern auf Industrieseite mit ein. Skin in the Game? Ja. Lead Investor? Nein.
Wichtig hierbei ist: Fraunhofer investiert nicht als Risikokapitalgeber in Start-ups, die keine Fraunhofer-Spin-offs sind. Unser Auftrag ist immer der Technologietransfer.
⚖️ Mythos 5: »Mit Fraunhofer an Bord finde ich keine weiteren Investoren.«
💡 Fakt: Im Gegenteil. Wer die Due Diligence von Fraunhofer bestanden hat, hat vieles sowohl technologisch als auch markt- und teamseitig schon geklärt. Und: Fraunhofer kennt die Teams und ihre Technologien oft schon Jahre vor der eigentlichen Gründung. Unsere Einschätzung ist laut einigen Tech-Investoren sehr viel wert, gerade in der Pre-Seed- und Seed-Phase. Für sie ist eine Fraunhofer-Beteiligung ein Gütesiegel für die Ausgründungsreife, belegt durch kontinuierlich wachsendes externes Finanzierungskapital über die letzten Jahrzehnte. Seit 2020 wurden mehr als 250 Millionen Euro externes Risikokapital in unsere Portfoliounternehmen investiert.
⚖️ Mythos 6: »Fraunhofer macht Prozesse komplizierter – das dauert ewig!«
💡 Fakt: Jein. Um die für das jeweilige Spin-off individuell bestmöglichen Konditionen zu schnüren ist eine IP-basierte Ausgründung unter Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben oft noch komplex. Wir von Fraunhofer Venture sind dafür da, diese Komplexität für alle Beteiligten so weit wie möglich zu reduzieren. Wenn Lizenzkonditionen und Rechtsfragen geklärt sind, kann der weitere Ausgründungs- und Beteiligungsprozess in wenigen Wochen abgeschlossen sein. Diese Zeit ist meist nicht verloren, sondern benötigen Co-Investoren selbst für ihre Due Diligence. Sobald die Beteiligung vollzogen ist, kann Fraunhofer Venture eigenverantwortlich Entscheidungen treffen. Als Mitgesellschafter sind wir jederzeit für unsere Portfolio-Unternehmen sowohl für kurzfristige Gesellschafterversammlungen als auch für sonstige Themen unkompliziert erreichbar.
⚖️ Mythos 7: »Fraunhofer Venture ist für langfristige Deep-Tech Start-ups ungeeignet.«
💡 Fakt: Fraunhofer Venture ist ein sehr flexibler Gesellschafter. Wir können sowohl bei VC-Cases mitziehen als auch NEOS (non exit oriented startups) unterstützen, da wir keine Fondslaufzeit haben und somit »Patient Capital« einbringen. Das ist vor allem bei Deeptech-Themen enorm vorteilhaft, da man hier einen langen Atem benötigt. Außerdem hilft die direkte Nähe zu Fraunhofer vor allem bei Deeptech-Spin-offs dabei, ihren technologischen Innovationsvorsprung zu halten oder auszubauen.
Natürlich freuen auch wir uns gemeinsam mit den Gründern und anderen Gesellschaftern über einen erfolgreichen Exit. Dieser ist ein starkes Signal dafür, dass der Technologietransfer gelungen ist und das Unternehmen echten Impact mit einer Technologie erzielt, die aus Fraunhofer-Forschung hervorgegangen ist.
Forschung und neue Technologien ändern sich und die Welt rasant - und wir bei Fraunhofer Venture verändern uns mit ihnen. Wir sind sicher nicht perfekt, aber wir arbeiten daran uns immer weiter zu verbessern und den Technologietransfer für alle Beteiligten so effizient und erfolgreich wie möglich zu gestalten. Aus der Erfahrung von über 500 Spin-offs aus der Fraunhofer-Welt zeigt sich eine hohe Krisenresistenz und überdurchschnittliche Überlebensraten. Wer weitere Fragen zu den vielfältigen Möglichkeiten einer Ausgründung von und mit Fraunhofer hat, oder sich selbst mit Transferideen beschäftigt, kann sich jederzeit gerne an uns wenden.
Fraunhofer Venture