Vom Labor in die Gesellschaft: Mit Crowd Innovation echten Impact erzeugen
Wer in der Forschung arbeitet, kennt das Dilemma: Auf der einen Seite stehen Patente, Prototypen und wissenschaftliche Exzellenz, auf der anderen Seite Märkte, Kunden und sich wandelnde gesellschaftliche Bedarfe. Dazwischen klafft zumeist eine Lücke – die berühmte »Talsohle des Todes« im Innovationsprozess. Genau hier setzt der Fraunhofer Crowd Innovation Hub des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI (Institutsteil Leipzig) an.

Er bietet Fraunhofer-Instituten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ oder dem Karlsruher Institut für Technologie KIT eine in über 40 Anwendungsfällen erprobte digitale Infrastruktur. Diese kann die vielfältigen Mehrwerte der Schwarmintelligenz gezielt in Forschung und Transfer einbinden – sei es für eigene interne Projekte oder für die bewusste Einbeziehung Externer.
Digitale Infrastruktur für kollaboratives Innovationsmanagement
Der Leipziger Crowd Innovation Hub funktioniert wie ein Betriebssystem für modernes Innovationsmanagement: Er schafft eine fundierte, digitale Infrastruktur, mit der Fraunhofer-Institute und andere außeruniversitäre Forschungseinrichtungen ihre spezifischen Zielgruppen in allen Phasen des Innovationsprozesses aktiv einbeziehen können. Von der reinen Ideenfindung über die Validierung ihrer Prototypen bis hin zu Fragestellungen beim Markteintritt lassen sich externe Impulse systematisch nutzen. Forschende erhalten frühzeitiges Feedback, Gründerteams gewinnen neue Investorenkontakte, Unternehmen identifizieren spannende Anwendungsfelder und die Gesellschaft erhält Einblicke aus erster Hand in den Wert wissenschaftlicher Arbeit. Der Effekt ist eine neue Qualität des Wissens- und Technologietransfers, die Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft wirkungsvoll miteinander verzahnt.
Besonders deutlich wird der Mehrwert an drei strategischen Lücken, die auch viele Fraunhofer-Institute kennen. Erstens passen Angebot und Nachfrage im Technologietransfer oft nicht zusammen. Forschung sucht nach relevanten Anwendungen, während Unternehmen gezielt nach Bausteinen für ihre Geschäftsmodelle fahnden. Der Crowd Innovation Hub hilft, beide Seiten über Innovation Challenges schneller und präzise ins gemeinsame Arbeiten zu bringen und dabei messbare Wirkung zu erzielen. Zweitens mangelt es immer wieder am interaktiven Austausch mit der Gesellschaft, insbesondere bei großen Transformationsthemen wie der Energiewende oder urbanen Mobilität. Ideen bleiben allzu oft im Labor, obwohl sie gesellschaftlich relevant und gut umsetzbar wären. Drittens fehlt gerade in frühen Entwicklungsphasen häufig echtes Feedback: Zahlungsbereitschaft, Nutzerakzeptanz oder konkrete Bedarfe werden häufig zu spät sichtbar. Genau hier liefert der methodische Einsatz der Schwarmintelligenz wertvolle Rückmeldungen.
Aktuelle Challenge: »Resilient City« mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Wie das in der Umsetzung konkret aussieht, zeigt aktuell das Projekt mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) als Teil der Helmholtz-Gemeinschaft. Die renommierte Forschungseinrichtung nutzt den Crowd Innovation Hub, um Transferpotenziale gezielt sichtbar zu machen. Über die aktuelle Crowd Innovation Challenge »Resilient City« werden Bürgerinnen und Bürger, Studierende, Start-ups, und Unternehmen eingeladen, ihre Perspektive einzubringen. Die besten Einreichungen werden prämiert und mit Preisgeldern ausgezeichnet. So entstehen innerhalb weniger Wochen wertvolle Ideenpools, die weit über die üblichen wissenschaftlichen Netzwerke hinausreichen. Eine Crowd Innovation Challenge zum Thema Nachhaltigkeit brachte bereits über 600 neue Impulse hervor, von denen ein erheblicher Teil in Folgeprojekte einfloss.
Umweltchemikalien im Alltag: Wie die Challenge mit dem UFZ neue Lösungswege eröffnete
Das Fraunhofer ISI, das seit Jahren eine starke Reputation in der Innovationsforschung besitzt, hat am Standort Leipzig die Crowd Innovation Plattform als strategisches Werkzeug etabliert. Mit Hilfe des Hubs konnte das Institut nicht nur bestehende Partner enger an sich binden, sondern namhafte neue Auftraggeber gewinnen. In einer Innovation Challenge mit dem Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung – UFZ wurden 120 Ideen zum Thema Umweltchemikalien im Alltag von Externen eingereicht. Ein beeindruckender Beleg dafür, wie groß die Kreativität und Beteiligungsbereitschaft jenseits klassischer Fachzirkel ist. Für das Fraunhofer ISI wurde die Plattform damit zugleich zum Schaufenster eigener Fachexpertise und zu einem Türöffner für neue Innovationsprojekte.
Vom Canvas bis zur Jury: Der strukturierte Prozess hinter den Innovation Challenges
Die Umsetzung einer Crowd Innovation Challenge folgt einem fundierten Prozess. Zunächst wird mithilfe des eigens entwickelten Crowd Innovation Canvas die spezifische Fragestellung formuliert. Anschließend werden die relevanten Zielgruppen definiert, Zugänge priorisiert und Anreize für deren Teilnahme abgestimmt. Nach etwa vier Wochen kommunikativer und technischer Vorbereitung startet die Innovation Challenge auf der Fraunhofer-Infrastruktur, die zumeist für einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen geöffnet ist. In dieser Zeit werden alle Ideen gesammelt, von der Crowd bewertet und – optional durch eine eingebundene Fachjury – priorisiert, bevor die Ergebnisse zurück in die Projektarbeit fließen. Die Plattform ermöglicht sowohl offene Wettbewerbe mit der breiten Öffentlichkeit als auch gezielt geschlossene Formate mit ausgewählten Zielgruppen, etwa Industriepartnern, Investor:innen oder wissenschaftlichen Fachcommunities.
Mehr Sichtbarkeit, Wirkung und Relevanz für Forschungseinrichtungen
Für Forschungseinrichtungen ergeben sich daraus gleich mehrere Vorteile. Zum einen können sie die Plattform für ihre eigenen Forschungsfragen nutzen, beispielsweise um Marktpotenziale neuer Technologien zu identifizieren, gesellschaftliche Akzeptanz für ihre Projekte zu testen oder den Impact ihrer Aktivitäten fundiert nachweisen zu können. Zum anderen können sie diese Methoden als Leistungsbaustein ihren eigenen Kunden anbieten – ein Mehrwert, der Auftragsforschung stärkt und neue Einnahmequellen erschließt. Weil zudem Fehlentwicklungen frühzeitig sichtbar werden, sinkt das Innovationsrisiko: Ressourcen können dadurch gezielter eingesetzt, Projekte schneller am Bedarf ausgerichtet und Investor:innen mit validen Daten überzeugt werden.
Die Erfolgsbilanz des Crowd Innovation Hubs am Fraunhofer ISI (Institutsteil Leipzig) spricht für sich. Seit seiner Einführung wurden über 40 offene und geschlossene Innovation Challenges durchgeführt, die von der Validierung neuer Geschäftsmodelle über Forecast-Szenarien bis hin zu klassischen Ideenwettbewerben reichten. In einigen Anwendungsfällen wie mit dem Fraunhofer IIS und dem Fraunhofer IISB wurden zudem die Instrumente Crowdsourcing und Crowdfunding erfolgreich verknüpft, sodass die besten Ideen unmittelbar mit den Ressourcen für die Umsetzung ausgestattet werden konnten. Die Resonanz ist hoch, die Ergebnisse fließen in neue Projekte und werden jährlich beim Crowd Innovation Summit im Fraunhofer-Forum Berlin der Öffentlichkeit präsentiert.
Mit Blick auf das Thema Impact, Technologietransfer und gesellschaftliche Teilhabe ist Crowd Innovation damit weit mehr als ein methodisches Add-on. Vielmehr ist es eine Königsdisziplin im modernen Innovationsmanagement – weil sie Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft in einem fundierten Prozess zusammenführt und den Transfer messbar beschleunigt. Für Fraunhofer-Institute und weitere Forschungseinrichtungen eröffnet der Crowd Innovation Hub die Möglichkeit, ihre Rolle als Impulsgeber und Brückenbauer sichtbar zu stärken: Aus Ideen werden Märkte, aus Feedback wird Transfer, aus Forschung wird Zukunft!
Weitere Informationen
- Kontakt Robin Bürger, Fraunhofer ISI (isi.fraunhofer.de)
- #Crowd Innovation Plattform
- #Crowd Innovation Community
- #Crowd Innovation Challenge mit dem KIT
- Über das Fraunhofer ISI (isi.fraunhofer.de)