Ein Startup revolutioniert mit Fraunhofer-Expertise die Datenerfassung in der Logistik – das Tandem im Interview

Eine mühsame und dennoch essentielle Aufgabe in der Logistik ist die Erfassung von (qualitativen) Stammdaten, wie beispielsweise Maße und Gewicht, damit Lagerbestände digital erfasst und geplant werden können. Die Erfassung und Pflege dieser Daten birgt einen hohen personellen und manuellen Aufwand und ist sehr fehleranfällig. Dieser Herausforderung hat sich das Startup Kaptura mit der Entwicklung von 3D-Laserscannern gestellt und hilft somit Unternehmen die Effizienz ihrer Logistik Prozesse zu steigern. Die Scanner ermöglichen durch die automatisierte Erfassung der Stammdaten eine schnellere Identifikation von Objekten. Um gemeinsam einen noch effizienteren Scanner zu entwickeln, der Teile aller Art 3D erfassen kann, kooperiert das Startup aus Mülheim-Kärlich mit dem Stuttgarter Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA.

Hier beschäftigen sich zwei wissenschaftliche Mitarbeiter speziell mit 3D-Bildverarbeitung mit Fokus auf Objekterkennung und -klassifikation. Gemeinsam hat das Tandem eine perfekte „Ein-Klick-Lösung“ entwickelt: eine alternative Scanner-Technologie, die in Farbe scannen kann und deren generierte Objektmodelle auch für Picking-Roboter nutzbar ist. Der marktreife neue Scanner ermöglicht das Erfassen von weitaus mehr Objekten als zuvor. Somit können weitere Anwendungsgebiete und Branchen angegangen werden.

 

Wie kam das Fraunhofer-Startup Projekt zustande?

Michael Pauly, Gründer Kaptura (M.P.): das Fraunhofer Institut ist auf uns zugekommen, da sie auf der Suche nach einem geeigneten Logistik-Partner für ein Projekt mit einem Klinikum waren. Es ging um die automatische Stammdatenerfassung und Objekterkennung von Pflegeutensilien. Wir haben uns getroffen, ausgetauscht und sofort festgestellt, dass wir ein guter Match wären - sowohl technologisch als auch strategisch. Die einzige logische Konsequenz war die Zusammenarbeit.

 

Was habt ihr dann tatsächlich gemeinsam umgesetzt?

M.P.: Fraunhofer hat uns ergänzend zu unserem bisherigen Sensorkonzept (Laser) eine weitere Erfassungstechnologie zur Verfügung gestellt, die es uns ermöglicht, das Einsatzgebiet unseres Scanners immens zu vergrößern. Hier ist ganz klar die Service-Robotik zu nennen. Das Fraunhofer IPA ist seit Jahren Vorreiter in diesem Forschungsgebiet, sowohl im Teilehandling als auch in der visuellen Teilerfassung. Der gemeinsame entwickelte Scanner ist die perfekte „Ein-Klick-Lösung“ zur 3D-Erfassung von Teilen aller Art.

Welchen Mehrwert hat die Kooperation mit Kaptura deinem Institut gebracht?

Jochen Lindermayr, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IPA (J.L.): Die Erfahrung von Kaptura im Vertrieb und der Implementierung von CE-konformen Scannern bei Kunden wie bspw. der Deutschen Bahn war für uns entscheidend. Wir konnten uns daher auf die Technologie konzentrieren und gemeinsam ein marktreifes Produkt entwickeln – und "Kinderkrankheiten" vermeiden.

 

Würdest du erneut mit einem Startup kooperieren und welche Vorteile siehst du darin, im Vergleich zu Projekten mit anderen (großen) Industrieunternehmen?

J.L.: Für mich war es die erste Zusammenarbeit mit einem Startup und es hat richtig Spaß gemacht und war erfolgreich. Deshalb würde ich auf jeden Fall gerne wieder eine Startup-Kooperation eingehen! Startups haben in meinen Augen tendenziell eine höhere Bereitschaft hochinnovative Wege zu gehen, deutlich kürzere Entscheidungswege und hohe Flexibilität was einen schnellen Projektfortschritt ermöglicht.

Kommen wir nun zum TandemCamp – Wettbewerb für Startup Kooperationen, welches euch ermöglicht hat die ersten Schritte eurer Kooperation zu gehen. Was könnt ihr diesbezüglich anderen Tandems auf den Weg geben?

M.P.: Das TandemCamp ist ein tolles Format, um den Kerngedanken von Fraunhofer – die angewandte Forschung - mit der Förderung junger Unternehmen zu kombinieren. Es fordert durch seine Workshops, klare Ziele und Rollen zu definieren, was definitiv zur Verbesserung der Struktur und Vision der Kooperation verhilft. Wir konnten sehr schnell Ergebnisse erzielen.

J.L.: Das TandemCamp hat uns ermöglicht, überhaupt mit dem Startup zu kooperieren, da wir für solche Projekte eine Grundfinanzierung benötigen. Das Format war eine tolle Möglichkeit gemeinsam mit dem Startup auszuloten, wie so eine Kooperation funktioniert und erste gemeinsame Schritte zu gehen, um somit institutsintern Vorgesetzte für weitere Schritte zu gewinnen. Über das TandemCamp konnten wir uns außerdem mit dem Fraunhofer Venture Netzwerk austauschen: andere Startups, Coaches und Institute kennenlernen. Das tolle ist, dass man so unterschiedliche Sichtweisen und neue Impulse für das eigene Projekt mitbekommt.